»Sprache der Versöhnung und des kritischen Bewusstseins«

16 Jan 2023

der angolanische Schriftsteller, Filmemacher und Buchhändler Ondjaki erhält den Prémio Vergílio Ferreira der Universtität Évora für sein ein literarisches Gesamtwerk.Laut der entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur Lusa habe sich die Jury einstimmig für den »Schriftsteller, Buchhändler und Künstler auf unterschiedlichen Gebieten« entschieden, der zur Jahrtausendwende mit dem Jugendroman »Bom dia, Camaradas« (auf deutsch unter demselben Titel 2011 von Claudia Stein übersetzt) überraschend die literarische Bühne betrat und als erstes die »Wendezeit« in Angola thematisierte.

Ondjaki wuchs in Luanda auf, studierte im Lissabon Sozialwissenschaften, lebte längere Zeit in Brasilien und betreibt heute in Luanda eine Buchhandlung. Für sein literarisches Werk erhielt er unter anderem bereits den Grinzane Cavour Prize für afrikanische Literatur (2008), 2010 den brasilianischen Jabuti-Preis für »AvóDezanove e o segredo do Soviético«, und 2013 den Prémio José Saramago für »Os Transparentes« (Dt.: Die Durchsichtigen, übers.: Michael Kegler 2015). Zuletzt veröffentlichte er aus Anlass seines 20jährigen Literaturjubiläums den Roman »O livro do deslembramento« sowie Ende 2022 Erzählungen unter dem Titel »Vou mudar a cozinha«.

Die Jury hob in ihrer Begründung der Preisvergabe insbesondere den »Beitrag Ondjakis für die portugiesische Sprache als Sprache der Versöhnung sowie eines kritischen Bewusstseins für alle Portugiesisch-Sprechenden« hervor. Damit würdigt sie nicht nur Ondjakis notorische Lust an kreativem Umgang mit Sprache, sondern auch deren kosmopolitische Dimension, die sich etwa in seinem poetischen Erzählband »Sonhos azuis pelas esquinas« erweist, der von mystischen Orten von Budapest über Ougadougou, Nairobi, Paris oder Shanghai bis Moçâmedes handelt und auch in einer zweisprachigen Ausgabe (»Blaue Träume in jedem Winkel; übers.: Michael Kegler, 2021) erschienen ist. In gewisser Weise legendär ist auch das in Zusammenarbeit mit der Dichterin Ana Paula Tavares und dem brasilianischen Autor Paulinho Assunção entstandene »Verbetes para um dicionário afetivo« (2016). 2022 erschien wiederum eins seiner Kinderbücher »A estória do sol e do rinoceronte« in der Übersetzung von Sarita Brandt und Lea Hübner unter dem Titel »Das Zweihorn«.

Insgesamt veröffentlichte Ondjaki bisher sechs Gedichtbände, mindestens ebensoviele Erzählbände, zwei davon sechs Romane, etliche Kinderbücher, drehte Filme und schrieb für das Theater. Seine Buchhandlung in Luanda ist zudem ein Veranstaltungsraum und Verlag.

Der Prémio Vergílio Ferreira wurde zuletzt an den Schriftsteller Carlos Nogueira vergeben, davor an die im vergangenen Jahr verstorbene Lyrikerin Ana Luísa Amaral. Weitere Preisträger:innen sind etwa Gonçalo M. Tavares, Lídia Jorge, Agustina Bessa-Luís oder Maria Velho da Costa. Ondjaki ist nach Mia Couto 1999 der zweite afrikanische Autor, der den mit 4000 Euro dotierten Preis erhält.

in deutscher Übersetzung sind lieferbar:

– »Bom Dia Camaradas« übers.: Claudia Stein, NordSüd Verlag 2006
– »Die Durchsichtigen«, übers.: Michael Kegler, Verlag Das Wunderhorn 2015 (nur noch als e-Book)
– »Blaue Träume in jedem Winkel / Sonhos azuis pelas esquinas«, übers.: Michael Kegler, Verlag TFM 2021
– »Das Zweihorn«, übers.: Sarita Brandt und Lea Hübner Schaltzeit Verlag 2022

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