Afrika 2060

12 Feb 2019

Anthologie "Imagine Africa 2060".

Zum Zehnjährigen hat sich - und uns - das Kölner Projekt »stimmen afrikas« mit einer besonderen Anthologie beschenkt: Literarische Zukunftsvisionen.

Zehn afrikanische Autor*innen, die alle schon selbst im Kölner Allerweltshaus aufgetreten sind, waren aufgerufen, sich literarisch zur Zukunft ihres Kontinents auszulassen: »Imagine Africa 2060«, eine Frage, die vor ziemlich genau 10 Jahren Zino Saro-Wiwa schon einmal in seinem Dokumentarfilm »This is My Africa« (2008) stellte.

Wenig überraschend, dass die Anthologie so divers ist wie die Autor*innen und die Länder und Kontexte aus denen sie stammen und schreiben.

José Eduardo Agualusa, einziger portugiesischsprachiger Repräsentant, steuert einen Auszug aus »A vida no céu« bei, seinem 2013 erschienen Jugendroman, in dem nach dem buchstäblichen Weltuntergang durch das Ansteigen des Meeresspiegels die Menschen in Burgen aus Fesselballons weiterleben, treibenden Städten und Dörfern mit namen Luanda, Tokio oder Paris.

Überhaupt changiert die Anthologie zwischen Utopie, Dystopie und Erinnerung an ein Gestern, das heute noch heute ist - natürlich mit deutlichen Anspielungen auf die Konflikte und Irrungen der Gegenwart und manchmal mit Reminiszenzen an Technologiephantasien, wie sie spätestens seit Jules Verne für das Genre der Zukunftsvision beinahe zwingend sind, hier gern gebrochen und in Bezug gesetzt zum Prekären - wie im Fall der zusammengeschusterten Luftschiffe bei Agualusa -, aber auch zu den Stärken untergegangener präkolonialer Zivilisationen, wie es dezent bein Nii Parkes anklingt. Bei Chika Unigwe wiederum bieten Reisebüros Reisen zum Pluto an, was scheinbar weniger unglaublich ist als der Sieg einer Frau zu den Präsidentschaftswahlen 2060 …

Eine spannende, teilweise überraschene Lektüre mit Originalbeiträgen von José Eduardo Agualusa, Ellen Banda-Aaku, Ken Bugul, Aya Cissoko, Youssouf Amine Elalamy, Tendai Huchu, Sonwabiso Ngcowa, Okwiri Odour, Nii Parkes, Chicka Unigwe und einem Nachwort von Manfred Loimeier. Übersetzt wurden die Erzählungen von Jutta Himmelreich, Gudrun Honke und Michael Kegler. [mk]

Christa Morgenrath / Eva Wernecke (Hrsg.):
Imagine Africa 2060. Geschichten zur Zukunft des Kontinents.
Peter Hammer Verlag, 2019

weitere Rezensionen dazu: aus-erlesen 9.02.19

José Eduardo Agualusa:
A vida no céu.
Quetzal Editores, 2013